Mit Qualität und Weitblick durchs Jahrhundertnetz
Die Stadtentwässerung Frankfurt (SEF) sorgt seit mehr als 135 Jahren dafür, dass Frankfurt am Main und die angeschlossenen Nachbarstädte eine leistungsfähige Entwässerung und sicheren Hochwasserschutz genießen. Als Eigenbetrieb der Stadt unterliegt die SEF klaren gesetzlichen Vorgaben und vereint dabei Technik, Umweltschutz und Tradition. Mit zwei der größten Kläranlagen Hessens, einer modernen Schlammentwässerungs- und Verbrennungsanlage sowie einem rund 1.600 Kilometer langen Kanalnetz wird das Abwasser von über 900.000 Menschen zuverlässig abgeleitet, gereinigt und entsorgt.


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Dieser Meinung ist Dipl.-Ing. (FH) Michael Voß, Stadtentwässerung Frankfurt am Main. Über seine Vorstellungen von einem modernen, nachhaltigen und generationsgerechten Umgang mit der Kanalinfrastruktur sowie den Stellenwert von Qualität und Gütesicherung äußert sich der Abteilungsleiter Abwasserableitung, Betrieb Planen und Bauen, im Interview.
Herr Voß, wie ist es um die Qualität des Frankfurter Kanalnetzes bestellt?
Michael Voß: Das Frankfurter Kanalnetz zählt zu den ältesten in Deutschland. Bereits 1867 erfolgte unter Leitung von William G. Lindley der erste Spatenstich für ein modernes, stadtweites Kanalnetz. Bis 1899 waren bereits 237 Kilometer verlegt und nahezu alle Stadtteile angeschlossen. Heute umfasst das Netz rund 1.600 Kilometer – davon sind etwa 160 Kilometer älter als 100 Jahre. Ein gutes Drittel der Kanäle ist über 75 Jahre alt, das mittlere Alter der Mauerwerkskanäle liegt bei beeindruckenden 110 Jahren. Viele dieser historischen Bauwerke sind noch immer in sehr gutem Zustand – auch wenn in Teilen Sanierungsbedarf besteht. Über ein Viertel aller Kanäle sind Sonderprofile und keine klassischen Kreisprofile. Meist handelt es sich um Mischwasserkanäle, teils auch um Trennsysteme. Die Substanz würde ich insgesamt als sehr solide bezeichnen. Rund 49 Prozent der Kanäle weisen Schäden mit langfristigem Handlungsbedarf auf – hier überwiegend Reparaturbedarf – und12 Prozent Schäden mit mittelfristigerem Handlungsbedarf. Lediglich bei 1 Prozent besteht sofortiger Handlungsbedarf.
Welche Schwerpunkte setzen Sie bei der Ausführung des Sanierungskonzeptes in Frankfurt?
Voß: Das Kanalnetz zählt zu den größten Infrastrukturwerten Frankfurts. Ziel ist, dieses Vermögen dauerhaft zu sichern. Daher wird der bauliche Zustand regelmäßig per Begehungen und TV-Befahrungen überprüft. Die erste Gesamtschau erfolgte bis 2005, aktuell ist der Wiederholungszyklus kurz vor der Fertigstellung. Diese Zustandsbewertungen dienen als zentrale Entscheidungsgrundlage für die zukünftige Entwicklung und Instandhaltung der Infrastruktur und bilden die Basis für Erhaltungsstrategien sowie Sanierungs- und Investitionspläne. Maßnahmen werden nach Dringlichkeit priorisiert, um vorhandene Schäden effizient und wirtschaftlich zu beheben. Je nach Schadensbild werden geeignete Maßnahmen wie Reparatur, Renovierung oder Erneuerung festgelegt. Dabei verfolgen wir den Ansatz, möglichst wenig vollständig zu erneuern oder zu ersetzen. Wir setzen vielfach auf geschlossene Verfahren und sanieren frühzeitig, um die Substanz langfristig zu erhalten. Da unser Netz trotz seines hohen Alters in sehr gutem Zustand ist, stimmen wir alle Maßnahmen darauf ab, es dauerhaft funktionsfähig zu halten – damit es nicht unnötig altert, sondern möglichst ewig hält. Neben dem baulichen Zustand werden auch Aspekte wie Umweltschutz, Betriebssicherheit und Verkehrssicherheit berücksichtigt. Sämtliche Bewertungen werden in einem fortlaufend aktualisierten Kanalkataster dokumentiert, das eine transparente und langfristige Planung sicherstellt.
„Wir setzen vielfach auf geschlossene Verfahren und sanieren frühzeitig, um die Substanz langfristig zu erhalten. Da unser Netz trotz seines hohen Alters in sehr gutem Zustand ist, stimmen wir alle Maßnahmen darauf ab, es dauerhaft funktionsfähig zu halten – damit es nicht unnötig altert, sondern möglichst ewig hält."
Was genau steckt dahinter?
Voß: Wir haben ein prognosegestütztes Substanzerhaltungsmodell erstellt, das die Alterung des Kanalnetzes über Jahrzehnte analysiert. Damit können wir die Entwicklung unseres 1.600 Kilometer langen Netzes bis ins Jahr 2100 präzise vorhersagen und planen, wann Reparaturen, Renovierungen oder Erneuerungen erforderlich sind. Grundlage sind detaillierte Kamerabefahrungen, die eine exakte Zustandserfassung ermöglichen. Auf dieser Basis berücksichtigt das Modell alle Maßnahmen – ob offen oder geschlossen – und liefert eine vollständige Prognose der erforderlichen Eingriffe und Kosten über die nächsten 75 Jahre.

Welche Kriterien spielen für Sie eine Rolle bei der Vergabe von Aufträgen?
Voß: Für die Vergabe gilt: Qualität in der Ausführung und die fachliche Qualifikation der Beteiligten sind verbindliche Voraussetzungen. Wir fordern deshalb nicht nur Gütesicherung, sondern fordern in der Regel auch umfangreiche Bieterangaben. Zudem haben wir sehr klare Vorgaben, wie wir uns das Ergebnis einer Sanierungsmaßnahme vorstellen. Die Gütesicherung Kanalbau ist dabei ein grundlegender Standard, den wir auch bei Bauverfahren fordern. Entsprechende Qualifikationsnachweise sind von den Bietern vorzulegen.
Wann haben Sie persönlich das Instrument Gütesicherung Kanalbau das erste Mal wahrgenommen?
Voß: Mit der Gütesicherung Kanalbau bin ich bereits sehr früh in meinem Berufsleben in Berührung gekommen – vor etwa 25 Jahren, als Mitarbeiter in einem Unternehmen, das im Bereich Kanalinspektion und -sanierung tätig war. Damals haben wir erstmalig das Gütezeichen für Edelstahlmanschetten beantragt und bekommen. Seither hat mich dieses Thema durchgehend in verschiedenen Funktionen begleitet. So etwa bei unterschiedlichen Projekten und stets mit dem Anspruch, Qualität und Nachhaltigkeit im Kanalbau sicherzustellen. Die Gütesicherung ist für mich daher nicht nur ein Standard, sondern ein persönliches Anliegen. Auch die SEF zeigt in dieser Hinsicht Flagge und führt u.a. seit 2019 ein Gütezeichen der Beurteilungsgruppe I (Inspektion).
Haben Sie den Eindruck, dass Qualifikationsnachweise wie ein Gütezeichen Kanalbau dabei helfen, die Qualität der Ausführung sicherzustellen?
Voß: Ein Qualifikationsnachweis wie ein Gütezeichen Kanalbau schafft für uns eine solide Grundlage, um den Erfolg von Arbeiten an unserer Kanalisation sicher zu stellen. Ein Unternehmen im Tiefbau, das ein RAL-Gütezeichen Kanalbau führt, dokumentiert damit seine umfassende fachliche, technische und organisatorische Kompetenz. Nachgewiesen wird zunächst die fachliche Qualifikation. Qualifiziertes Personal – vom Facharbeiter bis zur Bauleitung – sowie regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen sichern den hohen Standard. Darüber hinaus wird die technische Ausstattung belegt. Alle notwendigen Maschinen, Geräte und Prüfmittel stehen einsatzbereit zur Verfügung und entsprechen den geltenden Regelwerken. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Qualität der Bauausführung, die nach anerkannten Regeln der Technik und Normen wie DIN und DWA erfolgt, ergänzt durch Qualitätssicherungssysteme direkt auf der Baustelle. Hinzu kommt die Eigenüberwachung – das Unternehmen kontrolliert seine Arbeiten fortlaufend selbst. Insgesamt zeigt das RAL-Gütezeichen die Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit des Unternehmens und bestätigt dessen Fähigkeit, Bauleistungen dauerhaft hochwertig, langlebig und wirtschaftlich zu erbringen. Darüber hinaus ist eine Fremd- bzw. Bauüberwachung bei Kanalbaumaßnahmen unerlässlich. Durch die unabhängige Kontrolle einer neutralen Stelle wird die Eigenüberwachung des Bauunternehmens ergänzt, Fehler können frühzeitig erkannt und behoben werden. So lassen sich Schäden und Folgekosten vermeiden. Zugleich schafft die Bauüberwachung Vertrauen bei Auftraggebern, Kommunen und Bürgern und dokumentiert den sachgerechten Einsatz von Investitionen.

Welche Rolle spielt Gütesicherung bei Planung und Ausschreibung?
„Nur wer diese Entwicklungen aktiv gestaltet, macht die Kanalnetze auch in Zukunft leistungsfähig, nachhaltig und widerstandsfähig.“
Welche Rolle spielt die Eigenkontrollverordnung (EKVO) Hessen bei der Umsetzung von Projekten?
Voß: Die EKVO ist ein steuerndes Regelwerk, das Qualitätssicherung, regelmäßige Kontrolle und langfristige Funktionsfähigkeit der Kanalnetze sicherstellt. Damit wirkt sie direkt auf den Kanalbau und die Sanierungsstrategien ein. Allerdings schließe ich mich der Meinung an, die mittlerweile in Fachkreisen vorherrscht, wonach die EKVO durchaus als „renovierungsbedürftig“ gilt, weil sie in Teilen nicht mehr zeitgemäß ist. Eine Modernisierung könnte vor allem mehr Flexibilität bei den starren Intervallen, eine bessere Integration neuer DWA-Standards oder die Einführung und Nutzung digitaler Systeme für Dokumentation und Auswertung bringen.
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Was sind für Sie die Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte?
Voß: Zu den großen Herausforderungen zählen Digitalisierung, Fachkräftemangel und Klimawandel. Sie greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig. Digitale Systeme können Personalengpässe abfedern und sichern zugleich Wissen für kommende Generationen. Der Klimawandel erfordert flexible, datenbasierte Steuerung und resiliente Infrastrukturen, um Starkregen und Extremereignissen zu begegnen. Der Fachkräftemangel wiederum erhöht den Druck, digitale Werkzeuge konsequent einzusetzen. Nur wer diese Entwicklungen aktiv gestaltet, macht die Kanalnetze auch in Zukunft leistungsfähig, nachhaltig und widerstandsfähig.
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Quelle: Güteschutz Kanalbau
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