Volvo FMX 6x4 Electric - ein Stromer in der Grube
Mit einem Elektro-Lkw und fast 40 t Gesamtgewicht in die Baugrube – geht das? Ein Volvo FMX Electric 6x4 sollte es fürs B_I baumagazin im Soloeinsatz und mit Tandem-Kippanhänger herausfinden.


Humbaur’s Erfolgsgeschichte geht ins nächste Jahrzehnt
40 Jahre Humbaur in Gersthofen – Der Gersthofer Anhängerhersteller blickt zurück auf eine bewegte und bewegende Historie.
E-Laster für die Bauwirtschaft sind für Volvo Trucks inzwischen nichts Neues. Bereits seit Mitte 2022 baut der schwedische Lkw-Hersteller neben mittelschweren FL und FE Electric auch elektrifizierte Schwer-Lkw der Baureihen FH, FM und FMX für regionalen Fernverkehr, Verteilerverkehr und den Baueinsatz. Erstmals soll jetzt ein dreiachsiger FMX Electric als Kipperzug zeigen, dass er sowohl fürs Offroad-Gelände einer Baugrube taugt als auch auf befestigter Straße wirtschaftlich unterwegs sein kann.
Leer 3 Tonnen schwerer als die Dieselversion
Beim Blick auf die Nutzlast scheint das keine leichte Aufgabe. Die schweren Fahrbatterien und die stabile, vollausgestattete Meiller Trigenius-Kippbrücke mit 5 mm Bodenstahl und 4 mm starken Seitenwänden katapultieren das Leergewicht des 6x4-Boliden auf gut 15 t. Ein vergleichbarer FMX mit D13-Dieselmotor bringt nur etwas über 12 t auf die Waage.
Bestückt ist der Volvo FMX mit fünf Batteriepaketen für zirka 250 km Reichweite. Maximal sind sechs Akkus für etwa 300 km Reichweite zu haben. Die erfordern viel Platz am Rahmen, weshalb der Randstand auf 4,90 m klettern muss. Die Lithium-Nickel-Cobalt-Akkus mit je 500 Kilo Gewicht bringen es zusammen auf fast 2,5 t Differenz zwischen Elektro- und Verbrenner-Modell. Da der Gesetzgeber für Elektrolaster einen Bonus von 2,0 t bei der Zuladung gewährt, schwindet das Nutzlastmanko auf höchsten 200 Kilo, weil der E-Antriebsstrangs mit Leistungselektronik, Wechselrichtern und E-Motoren im Vergleich zum Sechszylinder-Dieselmotor leichter ausfällt. Der Nutzlastnachteil ist daher durchaus verschmerzbar.
Volvo FMX Electric: Gleiche Plattform wie der Diesel-FMX
Der FMX Electric basiert auf identischer Plattform wie sein Diesel-Bruder. Statt Verbrenner übernimmt ein Trio aus sternförmig angeordneten Elektromotoren den Antrieb. Dadurch ergibt sich eine kombinierte Leistung von 490 kW oder 666 PS im Dauerbetrieb. Das maximale Drehmoment von 2.400 Nm liegt bereits beim Anfahren aus dem Stand vor. An Kraft für 40 und mehr Tonnen mangelt es daher nicht. Um sie gekonnt in die Spur zu bringen, greifen die Göteborger auf ihr bewährtes Zwölfgang-I-Shift-Getriebe zurück.
Eine perfekt angepasste Schaltstrategie sorgt dafür, dass die E-Lkw immer im höchstmöglichen Gang anfährt. Meistens ist das der Siebte. Das minimiert Schaltvorgänge, verbessert das Fahrverhalten und sorgt für sparsamen Umgang mit der Energie an Bord. Die niedrigeren Gänge greifen erst, sobald das Terrain schwieriger und die Wege steiler werden. Das Drehmoment an den Antriebsrädern beträgt bis zu 28.000 Nm, die besonders auf Sand-, Kies- oder Schlammboden wohl portioniert übertragen werden wollen.
Teststart im Kieswerk Schweitenkirchen

Untermalt von einem leisen Surren und dem Knirschen der Baubereifung auf dem Kiesboden spurtet der elegante, robuste FMX zum Beladeplatz des Ettengruber Kieswerks in Schweitenkirchen, wo Radladerfahrer Simon mit gefüllter Schaufel bereits wartet. Fast zwei Ladungen Material in der Kippmulde später steht der Dreiachser bei Büroleiterin Elvira auf der Waage. Sie wettert erst gegen Elektro-Fahrzeuge, attestiert dem Solo-FMX dann aber 27,0 t Testgewicht – 1,0 t weniger als erlaubt. Zusammen mit dem beladenen Schwarzmüller Dreiseitenkippanhänger am Haken geht der Kipperzug mit gut 20,0 t Ladung und „nur“ 39,7 t Gesamtgewicht auf die Reise. Bei voller gesetzlicher Ausreizung hätten es noch gut zwei Tonnen mehr sein dürfen. Und selbst mit denen wäre der Elektriker spielend zurechtgekommen.
Volvo FMX Electric: Powermeter etwas mickrig geraten

Zum Starten der Leistungselektronik gibt es im Volvo noch einen klassischen Zündschlüssel. Das digitale und gut ablesbare Fahrerinformationsdisplay erlaubt vielfältige individuelle Anpassungen. Auch eine Ansicht mit zentralem „Analog-Tacho“ ist für alte Hasen im Geschäft einstellbar. Die Anzeige für „Charge“ und „Power“ im unteren Bereich ist etwas mickrig geraten. Daneben sind Ladestand der Batterie in Prozent (links) und Rest-Reichweite (rechts) gut zu erkennen, was ängstliche Fahrerseelen beruhigen dürfte.
Die Bedienung fällt insgesamt leicht. Wie gewohnt gibt es für das Zuschalten der Differenzialsperren den gut erreichbaren Drehregler in der Mittelkonsole. Zuerst erfolgt die Längs-, dann die Quersperre. Im Cluster werden Vorwahl und Vollzug der Sperren farblich angezeigt. Fürs Abschalten der Traktionskontrolle (TCS) gibt es einen separaten Tastschalter. Damit bleiben alle Antriebsräder auch im Sand und Schlamm stets aktiv, um die Fuhre in Bewegung zu halten. Zum Aktivieren der Kipphydraulik ist ein praxisgerechter Kippschalter mit Kontrollleuchte vorhanden.

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Differenzialsperren für den Geländeeinsatz
Dabei geben die beiden konventionell angetriebene Achsen alles und werden bei Bedarf per Differenzialsperre zu maximaler Traktion motiviert. Solo und als Zug hält den beladenen 6x4 keine normale Baugrubensteigung auf. Bei echter Geländefahrt heißt es Obacht geben: unter den Achsen ist nur 27 cm Platz. Zusätzlich schränken die tief liegenden Batteriesätze am Chassis das Handling auf weichem Grund ein. Auf befestigten Baustraßen kennt der FMX Electric dagegen kein Halten und zieht überall tüchtig durch. Eine gewisse Offroadtauglichkeit ist damit gegeben.

Volvo FMX Electric auf der Straße

Straff aber nicht übermäßig hart surrt der Kandidat flüsterleise über den Parcours aus Stadt- und Landstraßen. Bis Tempo 60 bestimmen vor allem die die Abrollgeräusche der grobe Baustellenreifen die Akustik in der Kabine. Leichte Windgeräusche sind dank der Spiegelkameras statt großer Rückspiegel erst bei Autobahntempo zu vernehmen. Insgesamt geht es in dem Stromer angenehm leise zu.
Mit den Kamera-Spiegel ist der FMX technisch auf der Höhe der Zeit. Der Rückblick in die beiden Farbdisplays an den A-Säulen ist tadellos. Die individuell zu setzenden Hilfslinien helfen bei der Abstandserkennung des nachfolgenden Verkehrs. Bedauerlich, dass Volvo auf konventionelle Front- und Rampenspiegel beharrt und hier keine Kamera einsetzt. Dafür sind alle wichtigen Fahrerassistenzsysteme wie Notbremsassistent, Auffahrwarner, Abbiege- und Spurwechselassistent, Seitenkollisions-Vermeider sowie Volvo I-See an Bord.
Einfaches Rekuperieren per Bremspedal

Volvo FMX Electric mit Schwarzmüller-Kipphänger
Das ist selbst mit dem Nachläufer nicht anders. Den Zentralachskippanhänger von Schwarzmüller im Schlepp bekommt der Fahrer kaum mit. Der Bauzug zeigt sich in seinem Komfort-Element. Er läuft spurtreu hinterher und verwandelt den Solisten in einen 40-Tonnen-Zug. Nach gut 100 km Mischstrecke zeigte der Tripcomputer im Sekundärdisplay einen Verbrauch von 124 kWh pro 100 km an. Den Soloeinsatz quittierte der FMX Electric 6x4 bei gleicher Distanz mit zirka 100 kWh. Werte, die sich für einen Baulaster durchaus sehen lassen können.
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Elektrischer Nebenabtrieb fürs Abkippen
Zum Abkippen der Ladung geht es wieder in die Kiesgrube. Der Test-FMX besitzt dafür einen dezentral montierten Hochvolt-Nebenabtrieb. Der elektrische EPTC270 benötigt gerade einmal 37,5 kW aus den Fahrbatterien, um den Hydraulikstempel von Meiller fast spielend auszufahren und so die beladene Kippbrücke anzuheben. So ein kräftiger E-Motor wiegt allerdings auch einiges. Hier sind es 83 kg, die an der Nutzlast knabbern. Um zu zeigen, was alle geht, hat Volvo zusätzlich noch einen getriebeseitigen Nebenabtrieb auf 18-Uhr-Position an der Box montiert. Der wiegt nur 13 Kilo, will dann aber im Einsatz auch 100 kW aus den Akkus ziehen. Als dritte Lösung können die Schweden noch einen elektromechanisch Nebenabtrieb mit 70 kW für die E-Laster anbieten.

Test-Fazit: Leistung und Fahrverhalten teils besser als beim Verbrenner
Technische Daten
Volvo FMX Electric 6x4 Dreiseitenkipper
Fahrerhaus | FMX-Fahrerhaus, lang mit 1 Schlafliege |
Breite/Länge | 2.495 / 2.380 mm |
Lagerung | 4-Punkt-Stahl-/Luftfederung |
Motor | Electric Propulsion Transmission EPT2412 |
Bauart | 3 flüssigkeitsgekühlte Permanent-Magnet-Synchronmotoren |
Dauerleistung | 490 kW / 666 PS |
Maximalleistung | 600 kW / 816 PS |
Max. Drehzahl | 6.000 /min |
Max. Drehmoment | 2.400 Nm (0–6.000 /min) |
Rekuperationsleistung | max. 390 kW |
Kraftübertragung Übersetzung Motor/Getriebe | 3:1 |
Getriebe | Volvo I-Shift AT2412, 12 Gänge, 4 Rückwärtsgänge, Crawler |
Getriebesoftware | I-See Kraftstoff- und Ökonomieprogramm |
Spreizung | 14,94 – 1,00 |
Max. Eingangsmoment | 2.400 Nm |
Nebenabtriebe HV-Nebenabtrieb elektrisch | EPTC270 |
Leistung | 69,5 kW Nennleistung / 99 kW max. |
Drehmoment | 325 / 530 Nm |
Nenndrehzahl | max. 2.450 /min |
Mechanischer Nebenabtrieb | PTR-DM, getriebeseitig, kupplungsabhängig |
Dauerleistung | 100 kW |
Max. Drehmoment | 600 Nm |
Energiespeicher Traktionsbatterien | 5 × Lithium-Nickel-Cobalt-Aluminium-Oxid |
Abmessungen (L/B/H) | 768 / 684 / 668 mm |
Gewicht | 2.500 kg (je 500 kg) |
Speicherkapazität | 450 kWh (je 90 kWh) |
Nennkapazität | 137,8 Ah |
Systemspannung | 600 V DC |
Ladeleistung AC/DC | max. 43 kW / 250 kW |
Achsen Vorderachse | Faustachse, Zwei-Balg-Luftfederung, 3 Fahrhöhen |
Achslast | 10,0 t |
Hinterachsen | Doppelachse RTS2370A, Acht-Balg-Luftfederung |
Achslast | 23,0 t |
Differenzialsperren | längs und quer |
Übersetzung | i = 3,09 |
Reifen Lenkachse | Michelin X Works HL, 385/65 R 22.5 |
Antriebsachsen | Michelin X Works D, 315/80 R 22.5 |
Fahrgestell Rahmen | Parallel-Leiterrahmen, 8 mm, 300 mm hoch |
Lenkung | Einkreis-Servolenkung, Übersetzung i = 23,2:1 |
Bremsen | Scheibenbremsen vorn/hinten, EBS, ESP, Notbremslicht, elektr. Feststellbremse, Impulsstreckbremse |
Maße und Gewichte | |
Abmessungen L/B/H | 8.280 / 2.550 / 3.179 mm |
Radstand | 3.900 / 1.370 mm |
Leergewicht Solo-Lkw | 15.380 kg |
Nutzlast Solo-Lkw | 12.620 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht | 28.000 kg |
Testgewicht Zug | 39.680 kg |
Aufbau Hersteller | Meiller |
Typ | Dreiseitenkipper Trigenius D316 |
Abmessungen L/B/H | 4.900 / 2.420 / 900 mm |
Besonderheiten | Bordmatic links, elektrische Schiebeplane |
Anhänger Hersteller | Schwarzmüller |
Typ | Zentralachs-3-Seiten-Kippanhänger M10VLN3 |
Abmessungen L/B/H | 7.410 / 2.550 / 2.900 mm |
Leergewicht/Nutzlast | 4.340 / 14.660 kg |
Gesamtgewicht | 19.000 kg |
Messwerte Innenlänge/-breite Fahrerhaus | 1.960 / 2.072 mm |
Bodenfreiheit vorn/hinten | 270 / 273 mm |
Einstiegsstufenhöhen | 520 / 900 mm |
Höhe Fahrerhausboden | 1.290 mm |
Höhe Motortunnel | 430 mm |
Lenkraddurchmesser | 450 mm |
Innengeräusch bei 65 / 85 km/h | 60 / 63 dB(A) |
➡ Zum Vergleich: Doppel-Fahrtest: Drei- oder Vierachskipper Volvo FMX 6x4 und 8x4
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