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Neuer Rheindüker: Jahrhundertinvestition fürs Kölner Abwasser
Baustelleneinrichtungsfläche bei der Startbaugrube | Foto: Sonntag Baugesellschaft

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Der neue Rheindüker soll das linksrheinische Köln-Niehl mit der rechtsrheinischen Großkläranlage Stammheim verbinden. Der alte Düker von 1928 ist in die Jahre gekommen und angesichts der wachsenden Bevölkerung in Köln nicht mehr leistungsfähig genug. Immerhin wird bis 2040 ein Anstieg auf 1,15 Millionen Einwohner erwartet. Auch konnte der alte Düker nur unter Vollfüllung betrieben werden; eine Inspektion des Dükers war bis dato nicht möglich. Darüber hinaus konnte das Abwasser im alten Düker nicht hydraulisch gesteuert werden, sondern wurde allein durch Niederschläge reguliert.

Deshalb haben sich die Stadtentwässerungsbetriebe (StEB) Köln dazu entschlossen, einen neuen 945 Meter langen Doppel-Düker aus Stahlbeton unter dem Rhein zu bauen. Mit dem aktuell in der Ausführung befindlichen Baulos 2 wurde eine Arbeitsgemeinschaft aus Sonntag / Züblin / Strabag beauftragt. Der erste Tunnel, der aufgefahren wurde, hat einen Innendurchmesser von 3,20 Meter und einen Außendurchmesser von 4 Metern. In diesen werden zwei Rohrleitungen DN 1400 und DN 1100 zum Abwassertransport eingezogen sowie Medienleitungen verlegt. Der andere Tunnel hat die Nennweite DN 2000 und einen Außendurchmesser von 2,50 Meter. Durch diesen soll ebenfalls Abwasser fließen. Insgesamt wird die Abwasserkapazität von 4.000 auf 6.000 Liter pro Sekunde erhöht.

„Ein weiterer Vorteil des neuen Dükers ist die hydraulische Steuerbarkeit über Schiebeanlagen. So können wir den Durchfluss des Abwassers messen“, erklärt Projektleiter Christian Heinze vom StEB Köln.

Die 131 Tonnen schwere Tunnelbohrmaschine „Henriette“ wird mit Hilfe eines 750-Tonnen-Mobilkrans in den Startschacht eingehoben. | Foto: Sonntag Baugesellschaft
Die 131 Tonnen schwere Tunnelbohrmaschine „Henriette“ wird mit Hilfe eines 750-Tonnen-Mobilkrans in den Startschacht eingehoben. | Foto: Sonntag Baugesellschaft

Tiefe Baugruben im Naturschutzgebiet

Auf der rechtsrheinischen Seite, wo der Vortrieb begann, lag die Baustelle in weiten Teilen in einem Naturschutzgebiet. Entsprechende Genehmigungen seitens der Bezirksregierung und auch der Stadt Köln habe man einholen müssen, so Heinze. „Zudem musste ein entsprechender landschaftspflegerischer Begleitplan erstellt werden. Die Abstimmung mit den Behörden hat einige Zeit in Anspruch genommen“, erklärt der Projektleiter.

Da die An- und Abfahrt des Lkw-Verkehrs teilweise durch ein Überschwemmungsgebiet führte, musste die Logistik und die Errichtung der Baustraßen sorgfältig geplant werden. Boden habe man in diesem Gebiet nicht lagern dürfen, berichtet Jonathan Trosdorff, Oberbauleiter bei der ausführenden Firma Sonntag Baugesellschaft mbH & Co. KG. „Und im Falle eines Hochwassers hätte die Baustelle in Teilbereichen geräumt werden müssen, was den Arbeitern vor Ort aber bislang erspart blieb.“

Eine weitere Besonderheit des Projektes ist die Tiefenlage des Dükers. Der neue Düker liegt 15 bis 25 Meter unter dem Rheinbett. Die Baugruben für den Rohrvortrieb und die Schlitzwände sind bis zu 40 Meter tief. „Aufgrund der geologischen Verhältnisse mussten die Gruben auf diese Tiefe abgesenkt werden“, erklärt Christian Heinze. „Außerdem hätten wir in direkter Nähe zur Rheinsohle Kampfmittelbohrungen durchführen müssen, was im Rhein schwierig gewesen wäre.“

Verlauf des geplanten neuen Rheindükers | Foto: StEB Köln
Verlauf des geplanten neuen Rheindükers | Foto: StEB Köln

Den Tiefpunkt des Dükers bildet ein Inspektionsschacht mit einem Durchmesser von 30 Metern, der zwecks Überwachung des Dükers erstellt wurde. Über diesen tiefsten Punkt ist eine Entleerung aller drei Rohrleitungen möglich. Mit ausgespültes Sediment wird in einem Bunker gelagert und von dort aus mit dem Seilbagger entfernt.

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Für den Start-, Zwischen-, Ziel- und Inspektionsschacht war zunächst eine bewehrte Unterwasserbetonsohle angedacht. Christian Heinze: „Wir sind dann aber dem Sondervorschlag der ARGE Sonntag/Züblin/Strabag nachgekommen, eine unbewehrte vier Meter dicke Unterwasserbetonsohle herzustellen. Diese musste mit Hilfe von Tauchern gebaut werden. Der Betoniervorgang musste in einem Stück laufen; auch hier kam es auf eine gut geplante Logistik der Fahrzeuge an.

Vortrieb 24/7 mit abgestimmter Technik

Nach gut 1 ½ Jahren Vorbereitungszeit inklusive Errichtung der Baugruben und der erforderlichen Baustelleninfrastruktur starteten im Mai 2025 die Großrohrvortriebe DN 3200 und DN 2000. Insgesamt 234 Rohre mit einer Länge und einem Außendurchmesser von 4 Metern sowie einem Gewicht von jeweils 45 Tonnen mussten vom Berding Beton-Werk Dormagen-Nievenheim zur Baustelle nach Köln gebracht werden – und zwar zwischen 22 und 6 Uhr per Schwerlasttransport. „Auch das war eine große logistische Herausforderung“, sagt Jonathan Trosdorff. „Zum Glück war es möglich, zeitweise 50 Rohre auf der Baustelle zwischenzulagern, so dass ein kontinuierlicher Baufortschritt auch bei Unwägbarkeiten hinsichtlich der Transportwege gewährleistet werden konnte.“ Die Vortriebe liefen im Durchlaufbetrieb, also 24 Stunden rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche.

Transport der TBM über eine extra angelegte Baustraße | Foto: Sonntag Baugesellschaft
Transport der TBM über eine extra angelegte Baustraße | Foto: Sonntag Baugesellschaft

Neben den besonderen technischen Herausforderungen von Langstreckenvortrieben war bei den Vortriebsarbeiten stets auf eine optimale Ortsbruststützung auch bei stark wechselnder Geologie zu achten. Dies galt insbesondere für einen Teilabschnitt, in dem nur eine minimale Überdeckung von 8 Metern zur Rheinsohle vorlag. „Von der Startgrube, die neun Meter tief ist, verliefen die Vortriebe mit stetigem hohem Gefälle bis zum 28 Meter tiefen Inspektionsschacht direkt vor dem Rhein. Erst ab einer Strecke von 570 Metern queren wir den ca. 370 Meter breiten Rhein. Der Großteil des Vortriebs verlief also im Rheinvorland“, so Trosdorff.

Betonage Einfahrblock Zielschacht | Foto: Sonntag Baugesellschaft
Betonage Einfahrblock Zielschacht | Foto: Sonntag Baugesellschaft

Beide Vortriebe wurden im Microtunnelingverfahren mit Vortriebsmaschinen der Firma Herrenknecht aufgefahren. Für den großen Tunnel kam eine AVND 2500-Maschine zum Einsatz, der kleinere Tunnel wurde mit einer AVND 2000 aufgefahren. Die Firma Sonntag hat für den Vortrieb DA4000 eigens ein Schneidrad entworfen, das speziell auf die Geologie mit den quartären Kiesen und den tertiären Tonen abgestimmt war und auch die Baugrubenwände aus Beton durchörtern konnte. Sowohl die Pressenkräfte als auch die Fugenspalten, die sich durch die Kurvenfahrten ergaben, wurden mit einer Messelektronik dauerhaft in Echtzeit überwacht.

Montage Schneidrad der TBM auf Baustelle | Foto: Sonntag Baugesellschaft
Montage Schneidrad der TBM auf Baustelle | Foto: Sonntag Baugesellschaft

Hohe Wasserstände

Während der Vortriebe waren durch den angrenzenden Rhein sehr hohe Grundwasserstände zu erwarten. Trosdorff: „Der Stützdruck musste permanent abgestimmt werden auf den aktuellen Rheinwasserstand. Die gesamte Maschinentechnik musste auf sehr hohe Grundwasserdrücke ausgelegt sein. Daher haben wir uns im Vorfeld mit Herrenknecht zusammengesetzt und die Anforderungen an die Maschinentechnik sowie die Auslegung der Vortriebsmaschine gemeinsam ausgearbeitet. Auf dieser Grundlage wurden anschließend beide Tunnelbohrmaschinen in der Vortriebswerkstatt der Firma Sonntag für die Langstreckenvortriebe unter dem Rhein vorbereitet.

Positionierung der Vortriebsmaschine auf der Schildwiege | Foto: Sonntag Baugesellschaft
Positionierung der Vortriebsmaschine auf der Schildwiege | Foto: Sonntag Baugesellschaft

Vor der Vortriebseinfahrt wurde die 26 Meter tiefe Zielbaugrube am Rheinufer auf den gleichen Wasserstand geflutet wie außen; das Wasser in der Grube diente dabei als Druckkörper gegen das außen anstehende Grundwasser. „Bei gleichem Grundwasserniveau durchörterten wir die Grube unter Wasser. Die Endlage der Vortriebsmaschinen wurden mit der Hilfe von Bautauchern und umfangreicher Vermessungstechnik kontrolliert. Danach wurde der Überschnitt innerhalb des in der Grube befindlichen Dichtblocks aus dem Tunnel heraus verpresst“, erläutert Jonathan Trosdorff. „Die Tunnelbohrmaschine wurde sodann freigelegt und mit dem Autokran herausgehoben.“

Vortrieb in Raumkurve – Tunnelröhre DN 3200 | Foto: Sonntag Baugesellschaft
Vortrieb in Raumkurve – Tunnelröhre DN 3200 | Foto: Sonntag Baugesellschaft

Nach den Rohrvortrieben werden nun einerseits die Schächte sowie Zulaufkanäle vom alten zum neuen Dükeroberhaupt erstellt und andererseits die Versorgungs- und Leerrohre für die spätere technische Ausstattung eingezogen. Die geplante Gesamtbauzeit des Dükers beträgt fünf Jahre, die Inbetriebnahme ist vorgesehen für Oktober 2028. Dann ist das gut 110 Millionen teure Großprojekt abgeschlossen und die Abwasserentsorgung laut StEB Köln „mindestens für die nächsten 100 Jahre garantiert“.



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