Risiko fehlender Nachweise bei Einheitspreisverträgen
Die VOB/B verlangt bei Einheitspreisverträgen einen prüffähigen Nachweis der erbrachten Leistungen. Fehlt dieser, droht der Verlust des Vergütungsanspruchs. Ein aktuelles Urteil des OLG Köln zeigt, wie knapp Auftragnehmer scheitern können – und wann eine nachträgliche Ermittlung noch hilft.

Bei einem Einheitspreisvertrag bekommt der Auftragnehmer genau die Leistungen vergütet, die er auch ausführt. Die VOB/B verlangt in § 14 Abs. 1 VOB/B für eine ordnungsgemäße Abrechnung, dass der Auftragnehmer „Art und Umfang“ der von ihm erbrachten Leistungen nachweisen muss. Diese bekommt er dann natürlich auch bezahlt, und zwar auf den Cent genau.
Das klingt selbstverständlich, birgt aber viele Fallen. So muss der Nachweis für den Auftraggeber nachvollziehbar sein. Diese Nachvollziehbarkeit wird bautechnisch (und baurechtlich) auch als Prüffähigkeit bezeichnet und führt unter diesem Namen zu vielen Streitigkeiten. Der Grundgedanke als solcher ist aber fair und folgt eigentlich zwingend aus dem Wesen des Einheitspreisvertrags.
Warum fehlende Nachweise Rechnungen blockieren
Das Problem für den Auftragnehmer ist: Ist die Leistung nicht prüffähig nachgewiesen, verhindert dies, dass seine Rechnung fällig wird. Eine nicht fällige Rechnung gibt dem Auftragnehmer wiederum keine Rechte wie Verzinsung, ggf. eine Arbeitseinstellung oder eine Klagemöglichkeit. Die Rechnung ist so gut wie nicht gestellt.
Das gilt jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber diese fehlende Prüffähigkeit innerhalb der Rügefrist aufgreift. Wenn der Auftraggeber aber diese Rüge nicht erhebt, kommt es zu einer Sachprüfung des Auftragnehmers. In diesen Fall kann es passieren, dass eine nicht prüffähig nachgewiesene Leistung endgültig nicht bezahlt wird, weil der Nachweis für die ausgeführten Leistungen fehlt – was inhaltlich eben auf der fehlenden Prüffähigkeit beruht.
Rügepflicht des Auftraggebers und ihre Folgen
Die Rüge muss dabei so genau sein, dass der Auftragnehmer seinerseits prüfen und feststellen kann, was der Auftraggeber genau bemängelt und wie er als Auftragnehmer seine Rechnung nachbessern kann. Der oft zu lesende Einzeiler, die Rechnung werde als nicht prüffähig zurückgewiesen, reicht dabei auf keinen Fall. Der Auftraggeber muss sich die Mühe machen, die aus seiner Sicht betroffenen Positionen zu benennen, am besten nennt er auch die aus seiner Sicht fehlenden Nachweise. Eine nicht ausreichende Rüge hat nicht die vom Auftraggeber angestrebte Rechsfolge.
OLG Köln: Erdmassen per Modell nachträglich ermittelt
In einem aktuell vom OLG Köln (17.09.2025 - 11 U 70/23) entschiedenen Fall hatte der Auftragnehmer ein besonders großes Problem. Er sollte Erde abfahren und hierfür eine Vergütung nach Tonnen erhalten. Allerdings konnte der Auftragnehmer nur für einen Teil der abgefahrenen Erde Wiegescheine vorlegen. Deswegen hat sich der Auftraggeber geweigert, diese Leistung vollständig zu bezahlen.
Fehlende Wegescheine lassen sich aber nachträglich nun einmal nicht mehr herbeizaubern. Ganz allein war er mit seinem Problem nicht: Ich hatte einmal einen Mandanten, der bei einem abzubrechenden Gebäude nach Rauminhalt bezahlt werden sollte. Allerdings hätte dies ein Aufmaß des abzubrechenden Gebäudes vorausgesetzt. Statt dessen hatte der Auftragnehmer nur Wiegescheine, also Nachweise für eine (nicht vereinbarte) Abrechnung nach Masse.
In dem vom OLG Köln entschiedenen Fall hatte der Auftragnehmer allerdings Glück. Es gab offensichtlich die Möglichkeit, nachträglich die Erdmassen anhand eines digital erstellten Geländemodells hinsichtlich der ursprünglichen Menge zu ermitteln. Damit man als Ausgangspunkt erst einmal eine Kubatur. Um hieraus die erforderlichen Massen zu ermitteln, musste dann noch ein Umrechnungsfaktor ermittelt werden. Dieser Umrechnungsfaktor wurde dann auf die Kubaturen angewandt, so dass doch noch die nach dem Vertrag vorausgesetzte Abrechnung nach Massen möglich wurde, wenn auch über Umwege.
Diese beiden „Hilfsrechnungen“ wurde letztlich vom Gericht mithilfe eines Sachverständigen vorgenommen, und der Auftragnehmer konnte seinen Anspruch doch noch durchsetzen.
Gerichtliche Schätzung als letzter Rettungsanker
Das Gericht hat das dabei rechtlich so gemacht, dass es die ausgeführte Menge nicht berechnet, sondern geschätzt hat. Dabei hat es den für diese Schätzung immerhin ausreichenden Vortrag des Unternehmens berücksichtigt. Mit dieser Vorgehensweise hat sich das OLG Köln sehr kreativ und Auftragnehmer-freundlich mit dem geltend Recht auseinandergesetzt. Es gibt nicht viele Fälle, in denen sich Gerichte auf eine so technisch-mathematische Vorgehensweise einlassen.
Die erste Instanz hatte es noch anders gesehen: Kein unmittelbarer Nachweis, keine Vergütung. Auf diese Haltung werden Auftragnehmer wohl in vielen Fällen stoßen.
Grenzen technischer Hilfsrechnungen im Baurecht
Die Erfahrung zeigt allerdings, dass zum einen nicht alle Gerichte so großzügig oder fachkundig sind und dass zum anderen sehr oft eine Umrechnung oder Ermittlung der Massen auf Umwegen nicht möglich ist. Man muss dem Auftraggeber hier zugeben, dass der Rechenweg ziemlich umständlich war und natürlich auch mit Unsicherheiten behaftet war. Außerdem muss zumindest die Grundlage für eine „Hilfsrechnung“ vorhanden sein und vorgetragen werden. Ohne die Möglichkeit, nachträglich die Kubaturen zu entwickeln, wäre der Anspruch hier vollständig gescheitert.
Eigentlich ist eine Leistung vom Auftragnehmer so nachzuweisen, dass eine „rasche und sichere Beurteilung der Leistungen“ ermöglichen soll, so § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B für Abschlagszahlungen. Von rasch und sicher kann im Fall des OLG Köln wohl nicht die Rede sein. Dennoch ist die Entscheidung im Ergebnis fair, denn der Auftraggeber hätte sonst eine erhebliche Leistung bekommen, ohne hierfür bezahlen zu müssen. Man hätte es dem Auftraggeber dabei noch nicht einmal vorwerfen können, denn es ist der Auftragnehmer, der seinen Zahlungsanspruch nachweisen muss.
Gemeinsame Aufmaße sichern Ansprüche
Es kann deswegen jedem Unternehmer nur empfohlen werden, sich genau an die Abrechnungseinheiten des Vertrages zu halten - auch wenn sie ungewöhnlich oder unüblich sind - und wenn es irgend geht, gemeinsam mit dem Auftraggeber die Leistungen aufzumessen. Die VOB/B sieht eine solche fortlaufende gemeinsame Leistungsfeststellung vor, § 14 Abs. 2 VOB/B, und gibt so dem Auftragnehmer diese Möglichkeit an die Hand.
Im Bau kennen wir uns aus!
Für Sie bauen wir unseren Newsletter mit den relevantesten Neuigkeiten aus der Branche.
Gleich abonnieren!


Fehlende Nachweise können im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Auftragnehmer tatsächlich ausgeführte Leistungen gar nicht bezahlt bekommt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Neueste Beiträge:
Meistgelesene Artikel
Jetzt Ausschreibungen finden
Wählen Sie eine Leistungsart, die Sie interessiert.


Bau


Dienstleistung


Lieferung
Verwandte Bau-Stichworte:
Top Bau-Stichworte:
Jetzt zum Newsletter anmelden:
Lesen Sie Nachrichten zu Bauwirtschaft und Baupolitik aus erster Hand. Plus: Hoch-, Tief- und Straßenbau.









